Beschluss: einstimmig beschlossen

Beschluss:

Der Stadtrat beschließt,

  • den Antrag zur Aufhebung der Satzung abzulehnen
  • die Inhalte der Satzung wie dargelegt zu ändern

Sachverhalt:

Mit Datum vom 22.06.2017 beantragen mehrere Anwohner der Postgasse wie auch der Hündelsgasse die Aufhebung des Bebauungsplans 10.07 „Postgasse“. Der Antrag ging am 11.07.2017 bei der Stadtverwaltung ein, was mit Schreiben vom 13.07.2017 bestätigt wurde. Drei Unterzeichner haben ihre Unterstützung zu dem Antrag mittlerweile zurückgezogen.

 

Begründet wird der Antrag damit, dass dessen Festsetzungen die Nutzung der Innenbereiche beschränken und eine Anpassung der älteren Bausubstanz an eine zeitgemäße Wohnnutzung dadurch erschwert werden würde.

 

Auslöser für den Antrag ist offenkundig die Ablehnung eines Bauantrages in der Postgasse, mit dem im rückwärtigen Bereich die Umnutzung einer bisherigen (Hoch-) Terrasse in ein zusätzliches Kinderzimmer genehmigt werden sollte.

 

Bisheriger Planinhalt

Der Bebauungsplan 10.07.“Postgasse“ stammt in seinen Grundzügen aus den 1980’er Jahren. Der Einleitungsbeschluss erging am 02.02.1981, die Offenlage erfolgte in der Zeit vom 15.11. bis einschließlich 20.12.1982, der Satzungsbeschluss wurde am 11.04.1983 gefasst. Durch Bekanntmachung vom 21.12.1999 wurde die Satzung mit Wirkung zum 22.07.1988 rückwirkend in Kraft gesetzt.

 

Entlang der Post- wie auch der Hündelsgasse wurden Besondere Wohngebiete (WB) festgesetzt, an der Rheinpromenade ein Mischgebiet (MI) und an der Marktstraße ein Kerngebiet (MK). Der Blockinnenbereich ist jenseits der Baugrenze als Grünfläche festgesetzt, lediglich im rückwärtigen Bereich zur Marktstraße ist ein Kerngebiet mit herabgesetzter baulicher Nutzung definiert.

 

Die überbaubaren Grundstücksflächen werden straßenseitig durch Baulinien definiert, rückwärtig durch Baugrenzen, die entlang der Post- und Hündelsgasse in einem Abstand von 11,0 m parallel zur straßenseitigen Baulinie verlaufen. In der Marktstraße sowie an der Rheinpromenade orientiert sich die rückwärtige Baugrenze an bestehenden Gebäuden oder Grundstücksgrenzen.

 

Die Begründung führt zum Zweck des Bebauungsplans aus:

„Der vorliegende Bebauungsplan ist Teilergebnis der vorbereitenden Untersuchung nach StBauFG, in dem die im Rahmen der Richtlinienplanung grundsätzlich gefaßten Zielsetzungen planerisch für das Geltungsgebiet fixiert werden.[…]

Die Blockentkernung, bei der überwiegend nicht mehr genutzte Baulichkeiten und Schuppen bzw. unwirtschaftlich zugeschnittene Nebengebäude entfernt werden, soll dazu führen, daß funktionsgerechte erdgeschossige Erweiterungsflächen errichtet werden können und gleichzeitig durch Dachbegrünung und Innenhofbegrünung eine Verbesserung des Wohnumfeldes im Kernbereich der Stadt gesichert werden.“

 

Zu den Festsetzungen des Bebauungsplans heißt es im Folgenden:

„Im Blockinnenbereich – soweit keine Bebauung vorgesehen ist – sind private Grün- und Freiflächen im Bebauungsplan festgeschrieben. Im Bereich der eingeschossigen Überbaubarkeit wird ein begrüntes Flachdach in den textlichen Festsetzungen gefordert.“

 

Abbildung 1: Auszug aus der Planurkunde zum Bebauungsplan 10.07 "Postgasse"

 

Abbildung 2: Überlagerung durch den Bebauungsplan
10.52 Rheinpromenade Remagen

 

 

Aktuelle Situation:

Das Ziel des Bebauungsplans, den Blockinnenbereich zu entkernen,  ist im Zuge der jetzt abgeschlossenen Sanierung der Kernstadt nicht erreicht worden. Die Fläche ist in weiten Teilen nahezu unverändert durch Nebenanlagen und vereinzelt auch wohnbaulich genutzte Gebäude überbaut. Nur zu geringen Anteilen sind Freiflächen in Form einzelner Grünflächen, zumeist jedoch nur versiegelter Hofflächen vorhanden.

 

Textfeld: Abbildung 3 
Luftbild 2017 (Quelle: Google Maps)
Die Festsetzung des Blockinnenbereichs als Grünfläche war in jüngerer Zeit mehrfach Anlass für Befreiungsanträge. Hierbei handelte es sich um eingeschossige Gebäude, die im Bestand modernisiert werden oder einem Ersatzbau (z.B. Wintergarten) weichen sollten.

Unlängst hatte einer der Mitunterzeichner einen Bauantrag zum Umbau einer Dachterrasse in einen zusätzlichen Aufenthaltsraum im Dachgeschoss (2. Etage) gestellt. Hierzu hatte die Stadt das gemeindliche Einvernehmen versagt. Bereits 1965 wurden für dieses Objekt der Umbau und die Erweiterung des Wohnhauses nur im Erdgeschoss genehmigt und eine Erweiterung im Obergeschoss ausdrücklich ausgeschlossen.

 

Mit Beschluss vom 29.10.2012 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung, den Bebauungsplan im einfachen Verfahren mit dem Ziel zu ändern, innerhalb der Erdgeschosszone im Kerngebiet eine Wohnnutzung auszuschließen. Dabei sind die gestalterischen Festsetzungen an die Regelungen der Gestaltungssatzung anzupassen und Bezüge auf andere Rechtsnormen zu aktualisieren.

 

Verfahren zur Aufhebung eines Bebauungsplans

§ 1 Abs. 8 BauGB bestimmt, dass die Vorschriften für die Aufstellung eines Bebauungsplans auch bei dessen Änderung oder Aufhebung anzuwenden sind. Damit ist auch für die Aufhebung eines Bebauungsplanes eine Beteiligung der Bürger und der betroffenen Behörden durchzuführen.

 

Mit einer Aufhebung des Bebauungsplans würde der bisherige Geltungsbereich – mit Ausnahme der in den Bebauungsplan 10.52 „Rheinpromenade Remagen“ überführten Bereiche – in den unbeplanten Innenbereich ‚entlassen‘. Die Zulässigkeit eines Vorhabens würde sich damit ausschließlich über das Einfügungsgebot bemessen. Für die Ausführung zulässiger Vorhaben bleiben die Bestimmungen der Gestaltungssatzung unverändert bestehen.

 

Vorschlag der Verwaltung

Das zu Beginn der 1980’er Jahre formulierte Ziel einer Freistellung des Blockinnenbereichs von baulichen Nutzungen wurde bislang nicht realisiert. Angesichts des baulichen Bestandsschutzes für zulässigerweise errichtete Gebäude ist auch nicht davon auszugehen, dass – zumal ohne (finanziellen) Anreiz­ – eine Entkernung nun nach Abschluss der Sanierung kurz- bis mittelfristig umgesetzt werden könnte.

Zwar wäre es auf der Basis des geltenden Rechts denkbar, dass die Stadt im Wege eines sog. „Rückbau- und Entsiegelungsgebotes“ (§ 179 BauGB) die Grünfläche unter Beachtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen gegenüber dem Eigentümer mit Verwaltungszwang durchsetzt. Dies setzt eine umfangreiche Bestandsaufnahme voraus. Dabei sind die Sonderregelungen bei Verlust von Wohnraum und mögliche Ausgleichsansprüche von Eigentümern, Mietern, Pächtern oder sonstigen Nutzungsberechtigten bei Vermögensnachteilen zu beachten.

 

Mit der Aufhebung des Bebauungsplans würde aber nicht nur das Ziel einer Entkernung endgültig aufgegeben. Zu befürchten wäre, dass zumindest in Teilbereichen in Anlehnung an den benachbarten Gebäudebestand (Einfügungsgebot nach § 34 BauGB) eine weitergehende Bebauung des Blockinnenbereichs verwirklicht werden würde. Ohne Bebauungsplan stünden einer weiteren Verdichtung nur noch bauordnungsrechtliche Mindeststandards entgegen. Damit aber wäre die Gefahr städtebaulicher Mängel und Missstände gegeben, weil z.B. eine sich verschlechternde Belichtung und Belüftung im Quartier dessen Wohnqualität deutlich mindern würde.

 

Daher soll in Änderung des Antrages der Bebauungsplan nicht aufgehoben, sondern lediglich wie folgt abgeändert werden:

In Ergänzung zu den bereits 2012 beschlossenen Planungszielen soll auf die Festsetzung einer Grünfläche verzichtet werden. Die bislang so festgesetzten Grundstücksflächen sind den Baugebieten (MI, WB) zuzuschlagen. Der durch die rückwärtigen Baugrenzen gebildete Blockinnenbereich darf  nur mit maximal eingeschossigen Gebäuden bebaut werden, ggf. ist zusätzlich eine maximale Gebäudehöhe festzulegen. Das zulässige Maß der baulichen Nutzung ist unter Berücksichtigung der bestehenden Bebauung auch in den besonderen Wohngebieten auf 0,8 zu begrenzen; gegenüber der bestehenden Regelung mit einer GRZ von 1,0 entsteht den Eigentümern deshalb kein Nachteil, weil die als Grünfläche festgesetzten Grundstücksteile bei der Berechnung des Maßes der baulichen Nutzung unberücksichtigt bleiben. Im weiteren Planverfahren ist die Möglichkeit zum Ausschluss des baulichen Bestandsschutzes über § 179 BauGB hinaus zu prüfen.

 

Der Ortsbeirat Remagen hat der Bebauungsplanänderung, nicht der Aufhebung, zugestimmt.