Beschluss: mehrfach beschlossen

Bürgermeister Björn Ingendahl führt einleitend aus, dass das Thema Straßenausbaubeiträge die politischen Gremien in den letzten Monaten stark beschäftigt habe. Der Haupt- und Finanzausschuss hat in einer Sondersitzung am 21. Oktober und zwei weiteren Sitzungen über einen möglichen Systemwechsel, von den Einmalbeiträgen hin zu wiederkehrenden Beiträgen, beraten. Auch im Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss waren die Ausbaubeiträge Thema.

 

Die Diskussionen und vielfältigen Anträge aus den Fraktionen hätten deutlich gemacht, so der Vorsitzende, dass es sich hierbei um kein einfaches Thema handelt. Vielfach sei der Wunsch nach belastbaren Zahlen als Entscheidungsgrundlage geäußert worden. Entsprechende Berechnungen würden allerdings erhebliche Kosten verursachen, ohne dass klar ist, ob am Ende tatsächlich ein Systemwechsel vollzogen wird.

 

Vor dem Hintergrund der teilweise sehr hohen finanziellen Belastung von Anliegern durch Einmalbeiträge falle eine Entscheidung nicht leicht. Auch werde vielfach auf die Entwicklungen oder die aktuellen Diskussionen über Straßenausbaubeiträge in anderen Bundesländern, wie auch in einigen politischen Gruppierungen in Rheinland-Pfalz, verwiesen.

 

Fest stehe aber, wie der Vorsitzende weiter ausführt, dass Grundlage jedweder Entscheidung des Stadtrates nur das aktuell geltende Recht, also das Kommunalabgabengesetz, sein könne. Jede hier getroffene Entscheidung müsse konform mit diesem Gesetz gehen. Insofern könne auch keine Entscheidungen getroffen werden, die mögliche künftige gesetzliche Änderungen antizipiere. Über entsprechende Anträge dürfe nicht abgestimmt werden, macht Bürgermeister Björn Ingendahl deutlich.

 

Er weist darauf hin, dass der Wunsch nach einer Entlastung betroffener Bürgerinnen und Bürger berechtigt und nachvollziehbar sei. Gleichwohl dürfe eine entsprechende Entscheidung nicht zum Nachteil anderer Bürgerinnen und Bürger führen.

 

Die von der Verwaltung für einen kleinen Abrechnungsbereich exemplarisch erarbeitete Gegenüberstellung mache zumindest deutlich, dass aufgrund der Vorgaben zum wiederkehrenden Beitrag Anlieger über einen bestimmten Zeitraum auch höher belastet würden, als bei Einmalbeiträgen. Dies lasse sich aus dem vorgelegten Beispiel ablesen, auch wenn es natürlich nicht ohne Weiteres auf jedes potentielle Abrechnungsgebiet in Remagen übertragbar sei.

 

Da es nicht im Sinne eines Bürgermeisters sein könne, dass einzelne, betroffene Anlieger finanziell an den Rand des Ruins getrieben werden, erneuert er seine vorgeschlagene Vorgehensweise aus dem Haupt- und Finanzausschuss am 25. November:

 

·         Der Einmalbeitrag in der Gesamtstadt wird beibehalten.

·         Zur finanziellen Entlastung stark betroffener Anwohner werden die Regelungen zur Stundung maximal angepasst. Stundung ist hier i.S.v. Ratenzahlung gem. des § 14 Abs. 1 KAG zu verstehen. Entsprechend wird der Begriff Stundung im Bereich der Abgaben der Kommunalverwaltung verwendet.

1.    Die Laufzeit der Ratenzahlungen wird auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt.

·         Auch wenn in Leserbriefen aktuell behauptet wird, dies sei keine Neuerung, so handelt es sich hierbei doch um eine völlig andere Herangehensweise als bisher, da sich die Laufzeit von Ratenzahlungen bisher auf maximal 2 Jahre erstreckt haben.

2.    Der Zinssatz wird in maximal der Höhe festgesetzt, dass er dem Inflationsausgleich dient.

·         Auch hier zeige man sich flexibel für eine weitere Entlastung betroffener Anlieger, indem beispielsweise zunächst ein Zinssatz von 1% über dem Basiszins (aktuell -0,88 %) festgesetzt wird. Damit läge der effektive Zins bei aktuell gerade einmal 0,12 %.

3.    Ab einem festgesetzten Ausbaubeitrag von 10.000 € wird zur Sicherung der Forderung eine Sicherungshypothek auf dem Grundstück eingetragen.

 

Diese Regelungen würden immer dann Anwendung finden, wenn aufgrund eines Bescheids ein entsprechender Antrag auf Ratenzahlung bei der Stadtverwaltung gestellt wird. Jede Regelung wird daher individuell vereinbart. Pauschale Regelungen sind nach KAG nicht vorgesehen.

 

Der Verwaltung liegen zu diesem Tagesordnungspunkt zwei Anträge vor:

Der Antrag der WGR vom 25.11.2019 ist allen Ratsmitgliedern elektronisch zugegangen (Anlage). Bevor der WGR Gelegenheit gegeben wird, ihren Antrag vorzustellen, teilt der Vorsitzende mit, dass er den Antrag in der vorliegenden Form aufgrund der Unvereinbarkeit mit dem Kommunalabgabengesetz nicht zur Abstimmung bringen könne.

 

Ein zweiter Antrag erreichte die Verwaltung von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen. Auch hier wird zunächst Gelegenheit zur Vorstellung des Antrages gegeben.

 

Zunächst verliest Dr. Peter Wyborny eine innerhalb der WGR erstellte Erklärung (Anlage).

 

Bürgermeister Björn Ingendahl macht in einer kurzen Stellungnahme nochmal deutlich, dass ein erlassener Bescheid nicht aufgehoben werden könne, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt die gesetzliche Grundlage ändere, es sei denn, der Gesetzgeber ändert sie rückwirkend.

 

Dr. Frank Bliss führt aus, dass heute zwei Fragen geklärt werden müssten. Zum einen: Wechselt man das Abrechnungssystem? Zum anderen: Wie kann betroffenen Anliegern geholfen werden?

 

In der Fraktionssitzung sei das Für und Wider des jeweiligen Systems beleuchtet worden. Die Fraktion sei zu dem Ergebnis gekommen, dass, mittelfristig gesehen, die Bürger bei der Erhebung von Wiederkehrenden Beiträgen entlastet würden.

 

Für die Beibehaltung des bisher angewandten Systems sprächen die grundsätzlichen Probleme, die eine Umstellung verursachen würde. Das Verfahren zur Erstellung rechtssicherer Abrechnungseinheiten dürfte sich schwierig gestalten. Bis zur finalen Entscheidung eines Gerichts dürften einige Jahre vergehen, in denen eine Rechtsunsicherheit bestehe. Die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksflächen sei aufwendig. Sollte hierzu externe Unterstützung erforderlich sein, verursache sie zudem hohe Kosten. Auch seien die Anlieger an klassifizierten Straßen bei der Erhebung von Wiederkehrenden Beiträgen benachteiligt.

 

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen habe daher folgenden Antrag erarbeitet:

 

Die Verwaltung wird aufgefordert, den Passus im KAG bezüglich des Antrags auf eine Zahlung in Raten so zu interpretieren, dass er mit der Einräumung einer Stundung kompatibel ist. So sollte ein Zahlungsbescheid in Abstimmung mit dem jeweiligen Zahlungspflichtigen festlegen, dass zum Beispiel ab Vertragsdatum in bestimmten, gemeinsam festzulegenden Raten gezahlt werden kann.

 

Beispiel: Es sind zu zahlen ab Vertragsdatum in drei Jahren 30 %, in sieben Jahren 40 % und in zehn Jahren die restlichen 30 %.

 

So eine Ratenzahlung kann mit jedem Zahlungspflichtigen individuell vereinbart werden und wäre ein Stundungs- und Ratenmodell gleichzeitig und damit gesetzlich kompatibel.

 

Bürgermeister Björn Ingendahl führt aus, dass der Vorschlag juristisch geprüft wurde. Das KAG besagt, dass Höhe und Fälligkeit der Raten durch Bescheid festgesetzt werden. Demnach könnte sein Vorschlag wie folgt ergänzt werden:

 

·         Die Fälligkeiten der Raten werden im Einzelfall festgelegt.

Dadurch wären auch Einzelfallregelungen für mehrere Raten im Abstand einiger Monate oder sogar Jahre möglich.

 

Christine Wießmann ruft noch einmal die Diskussionen und Beschlussfassungen aus den bisherigen Sitzungen des Fachausschusses in Erinnerung. Mit der Beschlussfassung vom 25.11.2019, die auf einem Vorschlag des Vorsitzenden basiert, wurde der Beschlussfassung vom 11.11.2019 in weiten Teilen widersprochen. Dass eine Stundung bzw. ein Aufschub der Zahlung nach dem KAG nicht gesetzeskonform ist, sei am 25.11.2019 wohl nur wenigen klar gewesen. Gemeint war eine Ratenzahlung. Diese werde jedoch bereits seit Jahren von Beitragspflichtigen in Anspruch genommen. Neu sei lediglich die Höhe des Zinssatzes. Dementsprechend sei das Protokoll über die Sitzung vom 25.11.2019 nicht korrekt, da es hinsichtlich der Beschlussfassung nicht den Wortlaut der Sitzung wiedergibt.

 

Zudem sei noch nicht über den ursprünglichen Antrag der SPD, Wiederkehrende Beiträge einzuführen, abgestimmt worden. Dies sei eindeutig der weitergehende Antrag, so Christine Wießmann.

 

Die vom Ausschuss geforderte Modellrechnung legte die Verwaltung vor. Zugrunde gelegt wurde eine Abrechnungseinheit im Stadtteil Rolandswerth, die fünf Straßen umfasst. Ihrer Meinung nach, habe die Verwaltung hier offensichtlich ein Beispiel gewählt, welches zu dem Ergebnis führe, der Wiederkehrende Beitrag sei nicht erstrebenswert.

 

Bürgermeister Björn Ingendahl weist den Vorwurf zurück und macht deutlich, dass die Verwaltung keine Präferenz in die eine oder andere Richtung habe, sondern ausschließlich darauf bedacht ist, zum Wohle des Bürgers zu handeln.

 

Christina Steinhausen führt aus, dass die vorgelegte Modellrechnung Zahlen und Fakten enthalte, die verdeutlichen, dass die Erhebung Wiederkehrender Beiträge für den Bürger nicht günstiger ausfallen werde.

 

Wilfried Humpert trägt vor, dass die FBL-Fraktion für die Beibehaltung der Erhebung von Einmalbeiträgen stimmen und sich dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen anschließen werde. Der drohende Unfriede in der Kernstadt, der durch das Auseinanderdriften der Solidargemeinschaft zu erwarten sei und die höhere Belastung für den Bürger haben die Fraktion zu diesem Ergebnis kommen lassen. Durch die vorgeschlagene Regelung könne der Bürger entscheiden, ob er das Angebot der Verwaltung annehme oder einen Kredit aufnehme.

 

Bürgermeister Björn Ingendahl weist darauf hin, dass die Prüfung der Stundungsvoraussetzungen entfallen könne.

 

Heinz-Peter Hammer gibt zu Protokoll, dass sich die CDU-Fraktion ebenfalls für die Beibehaltung der Einmalbeiträge ausspreche. Dem Vorschlag des Bürgermeisters und dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird sich angeschlossen.

 

Der Vorsitzende bringt den weitergehenden Antrag der SPD, Wiederkehrende Beiträge in Remagen einzuführen, zur Abstimmung. Der Antrag findet bei sechs Ja-Stimmen nicht die erforderliche Mehrheit.

 

Da aus den Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses am 11.11. und 25.11. sehr unterschiedliche Beschlussvorschläge an den Stadtrat ergangen sind, ist nunmehr nacheinander über diese Vorschläge abzustimmen. Der ergänzende Vorschlag des Vorsitzenden basierend auf dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird ebenfalls zur Abstimmung gebracht.

 

Zunächst werden die Empfehlungsbeschlüsse des Haupt- und Finanzausschusses vom 11.11.2019 aufgerufen.

 

  1. Die Verwaltung mit der Erstellung einer Modellrechnung zu beauftragen.

 

Dem Empfehlungsbeschluss wird nicht gefolgt. Der Beschluss ergeht einstimmig.

 

  1. Haushaltsmittel für die geplanten Ausbaumaßnahmen im Haushaltsjahr 2020 mit einem Sperrvermerk zu versehen.

 

Dem Empfehlungsbeschluss wird nicht gefolgt. Der Beschluss ergeht mehrheitlich gegen sechs Ja-Stimmen

 

  1. Die Verwaltung zu beauftragen, derzeit keine Ausschreibung zum Straßenausbau durchzuführen.

 

Dem Empfehlungsbeschluss wird nicht gefolgt. Der Beschluss ergeht mehrheitlich gegen sechs Ja-Stimmen

 

  1. Die Verwaltung zu beauftragen, eine Bürgerversammlung vorzubereiten.

 

Dem Empfehlungsbeschluss wird nicht gefolgt. Der Beschluss ergeht einstimmig.

 

  1. Die Verwaltung zu beauftragen, einen Kriterienkatalog für den Straßenausbau, der die wichtigen technischen Gründe für den Ausbau zusammenträgt und dazu beiträgt, die Rangfolge des Ausbaus zu begründen, zu erarbeiten.

 

Der Beschluss ergeht einstimmig.

Abschließend ergeht, basierend auf den Empfehlungsbeschlüssen des Haupt- und Finanzausschusses vom 11.11.2019, ergänzt um den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, folgende Beschlussfassung.

 

a)    Die Laufzeit der Ratenzahlung wird auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt.

b)    Die Fälligkeiten der Raten werden im Einzelfall festgelegt.

c)    Der jeweilige Restbetrag wird jährlich mit 1 v.H. über dem jeweils geltenden Basiszinssatz (§ 247 BGB) verzinst.

d)    Ab einem festgesetzten Ausbaubeitrag von 10.000 Euro wird zur Sicherung der Forderung eine Sicherungshypothek auf dem Grundstück eingetragen.

 

Die Beschlüsse zu a) bis c) ergehen einstimmig.

Der Beschluss zu d) ergeht mehrheitlich bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung.

 

Die SPD-Fraktion hat sich an der Abstimmung nicht beteiligt.