Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Nein: 6

Beschluss:

Der Stadtrat beschließt, für den vorstehend beschriebenen Teilbereich ein Aufstellungsverfahren einzuleiten.


Sachverhalt:

Auf die bisherige Darstellung des Sachverhalts zur Sitzung des Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss am 19.05.2015 wird verwiesen. In dieser Sitzung hatte RA Dr. Andreas Dazert bereits über die möglichen Rechtsfolgen der zu erwartenden Unwirksamkeit des Bebauungsplans referiert.

 

Wie erwartet hat das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung am 24.06.2015 (1C11091/14.OVG) den Bebauungsplan „Im alten Garten“ wegen der fehlerhaften Bekanntmachung zur Offenlage für unwirksam erklärt. Die Unwirksamkeit der Satzung wurde am 29.07.2015 ortsüblich im Amtsblatt der Stadt Remagen bekannt gemacht.

 

Ausgehend von der Entscheidung des OVG hat die Stadt die Möglichkeit, in Anwendung des § 214 Abs. 4 BauGB den festgestellten Mangel durch ein sog. „ergänzendes Verfahren“ zu beheben und den Plan in seiner bisherigen Fassung zur Rechtskraft zu bringen. Zwingende Voraussetzung für die (Wieder-)Herstellung der Rechtskraft ist es jedoch, dass die Grundzüge der Planung unverändert bleiben. Zudem wären beigefügte Fachgutachten wie etwa der Fachbeitrag Naturschutz oder der Fachbeitrag zum Artenschutz, zu überprüfen und zu aktualisieren.

 

Der Ortsbeirat Unkelbach hatte sich in seiner Sitzung am 29.04.2015 bereits vorab mit der Frage befasst, wie es im Falle einer Aufhebung der Satzung mit dem Plangebiet weitergehen soll. Schwerpunktmäßig wurde dabei die Möglichkeit einer Verkleinerung des Baugebiets beraten. Nach eingehender Diskussion votierte die Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder dafür, das Baugebiet ggf. auch auf einer kleineren Fläche fortführen zu wollen (3 Ja, 1 Nein, 0 Enthaltungen; 3 Mitglieder mussten den Sitzungsraum wegen Befangenheit verlassen).

 

Bereits dem Satzungsbeschluss des Stadtrates zur bisherigen Planfassung ist zu entnehmen, dass eine einheitliche und gleichzeitige Entwicklung des gesamten Baugebiets nicht beabsichtigt war. Vielmehr wurde dort bereits eine Erschließung in mehreren Stufen bzw. Bauabschnitten vorgegeben.

 

Unter Berücksichtigung des Zensus 2011, dessen detaillierte Ergebnisse erst nach und nach veröffentlicht wurden und zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch nicht bekannt  waren, erscheint eine Rücknahme der neu auszuweisenden Neubauflächen aus städtebaulichen Gründen geboten. Zwar standen zum Zeitpunkt der Erhebung auf die Gesamtstadt bezogen mit lediglich 3,2 % die wenigsten Wohnungen leer (18 von 562 Wohnungen, Remagen gesamt: 4,3%). Gleichwohl ist in den kommenden Jahren mit einem größeren Anteil freiwerdenden Wohnraums zu rechnen, da gleichzeitig 22% der bewohnten Wohnungen als reine Seniorenwohnungen mit Bewohnern im Alter von 65 und mehr Jahren erfasst wurden (Landesdurchschnitt 21,3%). Dies korrespondiert mit dem sog. Altenquotient, dem Verhältnis der Menschen mit einem Alter von 65 und mehr Jahren zu der Bevölkerung mit einem Alter zwischen 20 und 64 Jahren. Unkelbach weist hier einen aktuellen Wert von 35,4 auf, der damit über dem 2011 ermittelten Landesdurchschnitt von 33,5 liegt. Hier zeichnet sich messbar ein steigendes Lebensalter der Bewohner im Ort ab, was tendenziell eine nachlassende Baulandnachfrage erwarten lässt.

 

Gemessen an der Anzahl der eingereichten Bauanträge hat offenkundig auch die Bautätigkeit in Unkelbach in den letzten Jahren abgenommen. Wurden 2007 noch 14 Anträge eingereicht, so waren es in 2014 nur noch 3. Im laufenden Jahr wurden bisher erst 2 Anträge vorgelegt, so dass der Durchschnittswert der letzten 10 Jahre (6,8) wohl erneut deutlich unterschritten wird. Der Neubau von Wohnhäusern beschränkt sich seit 2011 auf max. 2 Anträge jährlich, zwischen 2005 und 2007 auf 3 bis 4 Anträge; im Zeitraum von 2008 bis 2010 wurden keine Neubauanträge gestellt. Unkelbach verfügt damit über eine gänzlich andere Dynamik, als beispielsweise Remagen oder Oedingen. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass das vorhandene Angebot in Unkelbach keine größere Bautätigkeit zulässt.

 

Gleichwohl ist die Größe des Gebietes unter Berücksichtigung der neuen Datenlage auf den zu erwartenden Bedarf in den kommenden Jahren neu auszurichten, denn die Bereitstellung von insgesamt 64 neuen Wohnbaugrundstücken übersteigt die zu erwartende Nachfrage und ist somit nicht mehr angemessen.

 

Hierzu bietet es sich an, dass bisherige Plangebiet aufzuteilen und die Neuplanung auf einen Teilbereich zu beschränken. In Anlehnung an den ursprünglichen Beschluss des Ortsbeirates, die Baulandentwicklung von Westen aus zu beginnen (Nähe zu den Gemeinbedarfseinrichtungen wie Gemeinschaftsplatz, Halle, Kindergarten, Friedhof) soll die Besiedlung unverändert im westlichen Abschnitt erfolgen. Als städtebaulich sinnvolle Abgrenzung wird hier der das bisherige Plangebiet kreuzende Wirtschaftsweg gesehen. Damit verkleinert sich das Plangebiet auf rund 27.600 m² Bruttofläche (45.700 m² zuvor).

 

Abbildung 1: neues Plangebiet (orange), wegfallender Teilbereich (gelb)

 

Vorgeschlagen wird, im neuen Plangebiet die bisherigen Festsetzungen beizubehalten. Unter Berücksichtigung der bestehenden Eigentumsverhältnisse könnten somit etwa 41 neue Baugrundstücke entstehen (zuvor 64). Es erscheint nicht unrealistisch, hierfür eine Aufsiedlungszeit von ca 10 Jahren anzunehmen, bis alle neuen Baugrundstücke bebaut sind. Sollte die Nachfrage nach Neubaugrundstücken die Erwartungen deutlich übersteigen, so könnte in dem nun wegfallenden Teilbereich im Zuge eines eigenen Satzungsverfahrens gleichfalls Baurecht geschaffen werden.

 

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt nachstehenden Antrag, den der Vorsitzende im Wortlaut verliest:

 

„Um die Dorfentwicklungsplanung in Unkelbach als Grundlage für die Dimensionierung eines Neubaugebietes voranzubringen wird beantragt

 

  • die Durchführung einer Untersuchung der absehbaren demographischen Entwicklung in Unkelbach,

  • einschließlich der die Abfrage des zukünftigen Wohnraumwechsels (Zeithorizont 2025-2030) auf der Basis des jetzigen Bestandes,

  • grobe Erfassung der Bausubstanz als Beitrag zur Antwort auf die Frage, was mit wie vielen Häusern im Ortskern zukünftig geschehen wird (Sanierung, Abriss?),

  • Erfassung der bestehenden Nachfrage nach Wohnraum und Vorschläge zur Bedarfsbefriedigung (Altbausanierung und/oder Neubau),

  • daraus Ableitung des Bauplatzbedarfs für ein Neubaugebiet, das Bedarf und Naturschutz einschließlich der prekären Entwässerungssituation in Unkelbach nachhaltig verbindet.“

 

Der Antrag wird gegen 6 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.

 

Nach eingehender Beratung ergeht nachstehender