Betreff
Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung in Verfahren der flächenwirksamen Planung in Remagen - Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und FBL
Vorlage
0390/2021
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 


Sachverhalt:

 

Antrag der Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen und FBL im Rat der Stadt Remagen

 

Transparenz und Bürgerbeteiligung in Verfahren der flächenwirksamen Planung in Remagen - Vereinbarung zur Zusammenarbeit von Stadt und politischen Gremien

 

1.         Hintergrund:

In einer Demokratie finden Entscheidungen aufgrund von Debatten und Diskussionen statt. Aus der Beteiligung von vielen unterschiedlichen Sichtweisen und Interessensgruppen können Vor- und Nachteile vor einer Entscheidung systematisch betrachtet und einbezogen werden. Eine möglichst diverse Diskussion erlaubt die Berücksichtigung aller Eventualitäten und stellt sicher, dass keine Argumente übersehen werden. Dies gilt nicht nur auf der Bundesebene, sondern auch auf der kommunalen Ebene.

Die direkt betroffene Bürgerschaft und die beteiligten Institutionen tragen zur Meinungsbildung bei, den Kommunalparlamenten obliegt die Entscheidung im Sinne des Allgemeinwohls, und bei der federführenden Verwaltung liegt die Verantwortung für die sachgerechte Vorbereitung und Durchführung von Vorhaben.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Bürgerbefragungen, die in den letzten zwei Jahren stattgefunden haben, wie etwa zur möglichen Rheinbrücke für Fussgänger*innen und Radfahrer*innen nach Erpel, zur Mobilität oder aktuell zur Einführung von Tempo 30 auf allen innerstädtischen Straßen.

Gerade im Bau- Verkehrs- und Umweltausschuss geht es jedoch häufig um flächenrelevante Planungen. Vor dem Hintergrund, dass die Konkurrenz um noch freie nutzbare Flächen durch zunehmenden Nutzungsdruck immer größer wird, spielt die bestmögliche Abwägung aller Interessen gerade bei allen flächenwirksamen Vorhaben eine große Rolle. Das gleiche gilt für Veränderungen bei bereits bestehender Bebauung und / oder Nutzung (z.B. Straßenerneuerung).

In den letzten zwei Jahren gab  es in Remagen bei einigen flächenwirksamen Vorhaben eine öffentliche Debatte, die in der Regel erst nach den entscheidenden Weichenstellungen durch die Stadtverwaltung aufkam. Dies betrifft z.B. die Diskussionen um das Hochwasserschutzkonzept, insbesondere die „Renaturierungsmaßnahme“ am Unkelbach. Bei der Analyse der Planungsabläufe ist hier nicht immer nachvollziehbar, wann was geschah und wer beteiligt wurde. Die betroffene Anliegerschaft wurde nicht oder erst spät einbezogen, wichtige Unterlagen wurden dem Stadtrat nicht oder erst spät bereitgestellt. Ganze Verfahrensschritte fanden ohne Bürger- oder Ratsbeteiligung statt.

Um in Zukunft bei allen flächenwirksamen Planungen alle Belange umfassend und frühzeitig einzubeziehen und somit eine größere Akzeptanz von Entscheidungen zu erreichen, stellen die Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen und FBL im BVUA der Stadt Remagen einen Antrag für die konsequente Einhaltung von Transparenz und Bürgerbeteiligung in allen flächenwirksamen Verfahren (Bauleitplanung, Umwelt Infrastruktur und Verkehrs Infrastruktur) der Stadt.

 

2.         Antrag:

Der Rat der Stadt Remagen und die Stadt Remagen setzen sich gemeinsam ein für Transparenz und eine konsequente Bürgerbeteiligung bei allen flächenwirksamen Verfahren (Bauleitplanung, Maßnahmen der Umwelt- und Verkehrs-Infrastruktur) der Stadt ein. Dies soll durch die folgenden Maßnahmen erreicht werden:

1)    Überblick über geplante Maßnahmen im BVUA vor Ausschreibungen

Bisher entscheidet der BVUA bei der Vergabe Planungs- und Ausführungsaufträgen ausschließlich nach dem Wirtschaftlichkeitskriterium nach der Ausschreibung.

Die wesentlichen Weichenstellungen für eine Planung oder Ausführung werden jedoch bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen als Grundlage der Ausschreibung gestellt. Bereits im Vorfeld einer Ausschreibung soll in Zukunft im BVUA in das Vorhaben in verständlicher Form vorgestellt und abgestimmt werden.

Wir schlagen vor jeweils zu Jahresbeginn, die Planungsübersicht der Maßnahmenliste inklusive einer Zeitplanung aus dem beschlossenen Haushalt im BVUA zu vorzustellen und zu besprechen. Diese Liste sollte dann auch bereits im Protokoll der Sitzung veröffentlicht werden.  In Abstimmung zwischen Verwaltung und Ausschuss können bereits in dieser Sitzung zusätzliche Maßnahmen für mehr Transparenz festgelegt werden, wie etwa eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. Punkt 2). 

 

2)     Durchführung einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gem. BauGB (§3) vor Beginn eines Verfahrens zur Meinungserkundung

Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung ist in Regelverfahren der Bauleitplanung vorgesehen. Im vereinfachten und in beschleunigten Verfahren nach §13 BauGB ist sie freiwillig möglich. Wir beantragen diese Möglichkeit soweit wie möglich zu nutzen auch bei flächenwirksamen Planungsverfahren außerhalb des BauGB. In dieser frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung sollen insbesondere betroffene Anwohner*innen aber auch andere Interessensgruppen über das geplante Vorhaben informiert werden und frühzeitig die Möglichkeit bestehen, die Vorstellungen aber auch die Bedenken von Betroffenen zu kennen und nach Möglichkeit zu berücksichtigen.  Dazu gibt es vielfältige Möglichkeiten, wie das geschehen kann (vgl. Anlage 1).  In welcher Form die Öffentlichkeitsbeteiligung im jeweiligen Verfahren durchgeführt wird, sollte im Einzelfall jeweils vorab entschieden werden.

 

3)    Mehr Wettbewerb und Vielfalt bei der Vergabe an Planungsbüros

Seit dem 01.01.2021 ist eine neue Fassung der HOAI in Kraft getreten, die mehr Wettbewerb vorsieht, weil man an die Honorarsätze nicht mehr fest gebunden ist.

Wir bitten die Verwaltung um Darlegung der Kriterien zur Vergabe von Planungsaufträgen und wie bisherige Erfahrungen darin einfließen. Weiterhin bitten wir um Darlegung welche Überlegungen zur Realisierung eines größeren Wettbewerbs angestellt werden.

Uns ist es wichtig, dass nicht nur der Preis  das einzig ausschlaggebende Kriterium ist. Vielmehr ist Fachkompetenz in den Vordergrund zu stellen. Weitere Kriterien wie „fachliche Exzellenz“, „gute Referenzen“, „Innovationsfreudigkeit“ und „wirtschaftliche Arbeitsweise“ sollten hinzugezogen werden. Dazu kann es notwendig sein, den geographischen Radius bei der Suche nach geeigneten Planungsbüros zu vergrößern und Synergien mit anderen Kommunen herzustellen.

 

4)    Frühzeitige Einbeziehung der zuständigen Ortsbeiräte

Die Ortsbeiräte spielen bei allen Planungsprozessen im Baubereich eine wichtige Rolle. Sie verfügen über detailreiche Ortskenntnis und haben ein Ohr an den Bedürfnissen der Bevölkerung. Sie sind immer vor wesentlichen Weichenstellungen anzuhören auch bei flächenwirksamen Planungen außerhalb des BauBG.

 

5)    Zusätzliche Absicherung von komplexen Ausschreibungen durch externen juristischen Sachverstand.

Bei komplexeren Ausschreibungen sollte in Ausnahmefällen die Möglichkeit bestehen juristischen Sachverstand zur Vorbereitung zusätzlich zum technischen Sachverstand hinzuziehen, um auch zukünftig Formfehler zu vermeiden. Dis wäre eine zusätzliche Absicherung, um in immer komplexeren ausschreibungsverfahren Formfehler zu vermeiden. Infrage kommen dafür entweder ein Fachanwaltsbüro oder auf Ausschreibungen spezialisierte Fachbüros. Die Vorauswahl solcher Fälle kann z.b. in der  Beratung zur Maßnahmenliste zu Jahresbeginn im Ausschuss getroffen werden oder jederzeit im Verfahren der Vorbereitung. Entsprechende Haushaltsmittel sollten eingeplant werden.

Stellungnahme der Verwaltung zum gemeinsamen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und FBL „Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung in Verfahren flächenwirksamen Planungen in Remagen“

1.    Hintergrund

 

Die Bauverwaltung hat sowohl das Hochwasservorsorgekonzept (HVK) als auch die Renaturierungsmaßnahme am Unkelbach entsprechend den Regelungen der geltenden Hauptsatzung und den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt.

 

Beim HVK wurden entsprechend den Förderrichtlinien zunächst eine Auftaktveranstaltung im DGH Oedingen durchgeführt. Im Anschluss hatten die Bürger bei mehreren Ortsterminen in Oedingen und Unkelbach die Möglichkeit mit dem Planer die einzelnen Probleme zu besprechen. Das Konzept mit einer Maßnahmenliste wurde danach den Gremien vorgestellt und vom Stadtrat im November 2018 beschlossen. Die vom Bürgermeister vorgeschlagene Diskussion der einzelnen Maßnahmen in den Ortsbeiräten wurde vom Stadtrat abgelehnt.

 

Das Büro für die Planung und Umsetzung der Maßnahmen aus dem HVK wurde Anfang 2019 im Fachausschuss beschlossen. Eine Vorstellung der Planung der Renaturierungsmaßnahme am Unkelbach durch das beauftragte Büro Becker erfolgte am 19.11.2019 im Ortsbeirat in öffentlicher Sitzung. Da die Anlieger des Unkelbaches im Ausbaubereich weder durch eine Flächeninanspruchnahme noch durch eine finanzielle Beteiligung betroffen waren, ist eine direkte Anliegerversammlung nicht durchgeführt worden. Diese Vorgehensweise erfolgte bereits bei der Renaturierungmaßnahme am Bandorfer Bach sowie den wasserwirtschaftlichen Maßnahmen am Sportplatz Unkelbach sowie oberhalb der Ortslage Richtung Oedingen. Der Stadtrat hat die notwendigen Mittel in den jeweiligen Haushaltsplänen zur Verfügung gestellt. 

 

Die Feststellung im Absatz 5, dass ganze Verfahrensschritte ohne Bürger- oder Ratsbeteiligung stattgefunden haben, entspricht nicht den Tatsachen. 

 

 

2.    Antrag

 

Zu 1.  Überblick über geplante Maßnahmen im BVUA vor Ausschreibung

 

Es wird seit Jahren eine Maßnahmenliste aus dem beschlossenen Haushaltsplan erstellt und eine grobe Zeitschiene mit Bürgermeister, Büroleiter und Bauverwaltung besprochen. In regelmäßigen Abständen werden die groben Zeitziele überprüft und neu bewertet. Größere Projekte mit technischen Innovationspotenzialen (Heizungserneuerung Wässerscheid 37-41 und FWGH Remagen) werden im Fachausschuss in öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen. Selbstverständlich können auch Hochbaumaßnahmen (Neubau Kindergärten, Umbau Rathaus) und größere Unterhaltungsmaßnahmen wieder im Bauausschuss beraten werden. Dies kann bei der Vorstellung der Planungsübersicht für das jeweilige Haushaltsjahr individuell festgelegt werden.

 

 

 

 

Zu 2. Öffentlichkeitsbeteiligungen nach § 3, 4 BauGB

 

Im Regelverfahren erfolgt eine frühzeitige Bürger- und Trägerbeteiligung sowie die Offenlage. Also eine zweimalige Beteiligung der Bürger. Da wir im Vorfeld eines Aufstellungs- oder Änderungsverfahrens jeweils im Ortsbeirat und Fachausschuss über die Inhalte ausführlich in öffentlicher Sitzung beraten, haben die Bürger sogar dreimal die Möglichkeit sich über die Inhalte zu informieren. In den beiden Verfahrensschritten können sie sich dann schriftlich oder zur Niederschrift äußern.

In den Fällen des § 13 oder 13 a/b BauGB ist die frühzeitige Beteiligung zur Beschleunigung der Planverfahren nicht vorgeschrieben. Bei diesen Verfahren kann der Bürger dann zweimal seine Vorstellungen mitteilen.

Der Stadtrat kann bei den jeweiligen Beschlüssen eine weitergehende Beteiligungsform selbstverständlich individuell beschließen.

 

 

 

Zu 3. Mehr Wettbewerb und Vielfalt bei der Vergabe an Planungsbüros

 

Es ist richtig, dass ab 01.01.2021 die HOAI kein bindendes Preisrecht mehr darstellt und die Auftraggeber über individuelle Angebote von Architekten die Planungskosten reduzieren können. Allerdings werden dadurch auch gewisse Grundleistungen in den einzelnen Planungsphasen nicht mehr komplett erbracht, was bei der späteren Umsetzung des Projektes zu Problemen führen kann. Insoweit muss die HOAI mit den Beschreibungen der einzelnen Grundleistung und besonderen Leistungen immer Grundlage eines Planungsauftrages sein.

 

In der Vergangenheit (z.B. KiGa Oberwinter 1998) haben wir wegen der Hochwasserproblematik und der Erschließung des Grundstücks der kath. Kirche verschiedene Architekten gebeten, ihre Entwürfe im Fachausschuss vorzustellen. Der Architekt mit dem besten Entwurf wurde dann beauftragt.

 

Aber auch in jüngerer Vergangenheit wurden bei Tiefbaumaßnahmen dem Fachausschuss regelmäßig im Rahmen einer Vorlage mehrere Angebote von fachlich qualifizierten Büros vorgestellt, wonach dann ein Büro ausgesucht wurde.

Bei dem Verkehrskonzept B 9 sowie dem Radwegekonzept haben wir jeweils drei Büros zu einer Bauausschusssitzung eingeladen. Der Fachausschuss hat nach kurzer Beratung die beiden Büros bestimmt, die den Auftrag erhalten sollten.

 

Insoweit wird dieser Punkt seit Jahren praktiziert. Lediglich bei technischen Planungen für Sanitär- und Heizungsanlagen oder Elektroanlagen suchen wir seit Jahren nach einem zuverlässigen und qualifizierten Büro. Diese glauben wir mit dem Remagener Büro Lüdemann und dem Büro Blechschmidt aus Bad Neuenahr gefunden zu haben. Gerne können wir zukünftig drei oder mehr Fachbüros zur Abgabe eines Angebotes auffordern und diese im Fachausschuss zur Abstimmung geben. Bei unbekannten Büros können über Referenzen und Auskünfte anderer Auftraggeber weitere Entscheidungsgrundlagen vorbereitet werden.

 

 

Zu 4. Frühzeitige Einbeziehung der Ortsbeiräte

Die Ortsbeiräte werden im Rahmen der Hauptsatzung an den Planungsprozessen beteiligt.

 

Zu 5. Zusätzliche Absicherung von komplexen Ausschreibungen durch externen juristischen Sachverstand

Mit der Vergabestelle ist in der Bauverwaltung eine Person beschäftigt, die vertiefend im Vergaberecht geschult ist und ständig Fortbildungsveranstaltungen besucht. Bei größeren komplexen Verfahren werden selbstverständlich die Oberbehörden und im Zweifel auch Juristen hinzugezogen, damit keine Verfahrensfehler zur Aufhebung einer Ausschreibung führen.