Beschlussvorschlag:
Sachverhalt:
Antrag der Fraktionen von Bündnis
90/ Die Grünen und FBL im Rat der Stadt Remagen
Transparenz und
Bürgerbeteiligung in Verfahren der flächenwirksamen Planung in Remagen -
Vereinbarung zur Zusammenarbeit von Stadt und politischen Gremien
1. Hintergrund:
In einer Demokratie finden Entscheidungen aufgrund von Debatten und Diskussionen statt. Aus der Beteiligung von vielen unterschiedlichen Sichtweisen und Interessensgruppen können Vor- und Nachteile vor einer Entscheidung systematisch betrachtet und einbezogen werden. Eine möglichst diverse Diskussion erlaubt die Berücksichtigung aller Eventualitäten und stellt sicher, dass keine Argumente übersehen werden. Dies gilt nicht nur auf der Bundesebene, sondern auch auf der kommunalen Ebene.
Die direkt betroffene Bürgerschaft und die beteiligten Institutionen tragen zur Meinungsbildung bei, den Kommunalparlamenten obliegt die Entscheidung im Sinne des Allgemeinwohls, und bei der federführenden Verwaltung liegt die Verantwortung für die sachgerechte Vorbereitung und Durchführung von Vorhaben.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Bürgerbefragungen, die in den letzten zwei Jahren stattgefunden haben, wie etwa zur möglichen Rheinbrücke für Fussgänger*innen und Radfahrer*innen nach Erpel, zur Mobilität oder aktuell zur Einführung von Tempo 30 auf allen innerstädtischen Straßen.
Gerade
im Bau- Verkehrs- und Umweltausschuss geht es jedoch häufig um flächenrelevante
Planungen. Vor dem Hintergrund, dass die Konkurrenz um noch freie nutzbare
Flächen durch zunehmenden Nutzungsdruck immer größer wird, spielt die
bestmögliche Abwägung aller Interessen gerade bei allen flächenwirksamen
Vorhaben eine große Rolle. Das gleiche gilt für Veränderungen bei bereits
bestehender Bebauung und / oder Nutzung (z.B. Straßenerneuerung).
In
den letzten zwei Jahren gab es in
Remagen bei einigen flächenwirksamen Vorhaben eine öffentliche Debatte, die in
der Regel erst nach den entscheidenden Weichenstellungen durch
die Stadtverwaltung aufkam. Dies betrifft z.B. die Diskussionen um das
Hochwasserschutzkonzept, insbesondere die „Renaturierungsmaßnahme“ am
Unkelbach. Bei der Analyse der Planungsabläufe ist hier nicht immer
nachvollziehbar, wann was geschah und wer beteiligt wurde. Die betroffene
Anliegerschaft wurde nicht oder erst spät einbezogen, wichtige Unterlagen
wurden dem Stadtrat nicht oder erst spät bereitgestellt. Ganze
Verfahrensschritte fanden ohne Bürger- oder Ratsbeteiligung statt.
Um
in Zukunft bei allen flächenwirksamen Planungen alle Belange umfassend und
frühzeitig einzubeziehen und somit eine größere Akzeptanz von Entscheidungen zu
erreichen, stellen die Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen und FBL im BVUA
der Stadt Remagen einen Antrag für die konsequente Einhaltung von Transparenz
und Bürgerbeteiligung in allen flächenwirksamen Verfahren (Bauleitplanung,
Umwelt Infrastruktur und Verkehrs Infrastruktur) der Stadt.
2. Antrag:
Der Rat der Stadt Remagen
und die Stadt Remagen setzen sich gemeinsam ein für Transparenz und eine
konsequente Bürgerbeteiligung bei allen flächenwirksamen Verfahren (Bauleitplanung,
Maßnahmen der Umwelt- und Verkehrs-Infrastruktur) der Stadt ein. Dies soll
durch die folgenden Maßnahmen erreicht werden:
1)
Überblick über geplante Maßnahmen
im BVUA vor Ausschreibungen
Bisher entscheidet der BVUA bei der Vergabe Planungs- und
Ausführungsaufträgen ausschließlich nach dem Wirtschaftlichkeitskriterium nach
der Ausschreibung.
Die wesentlichen Weichenstellungen für eine Planung oder
Ausführung werden jedoch bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen als
Grundlage der Ausschreibung gestellt. Bereits im Vorfeld einer Ausschreibung
soll in Zukunft im BVUA in das Vorhaben in verständlicher Form vorgestellt und
abgestimmt werden.
Wir schlagen vor jeweils zu Jahresbeginn, die
Planungsübersicht der Maßnahmenliste inklusive einer Zeitplanung aus dem
beschlossenen Haushalt im BVUA zu vorzustellen und zu besprechen. Diese Liste
sollte dann auch bereits im Protokoll der Sitzung veröffentlicht werden. In Abstimmung zwischen Verwaltung und Ausschuss
können bereits in dieser Sitzung zusätzliche Maßnahmen für mehr Transparenz
festgelegt werden, wie etwa eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl.
Punkt 2).
2)
Durchführung einer frühzeitigen
Öffentlichkeitsbeteiligung gem. BauGB (§3) vor Beginn eines Verfahrens zur
Meinungserkundung
Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung ist in
Regelverfahren der Bauleitplanung vorgesehen. Im vereinfachten und in
beschleunigten Verfahren nach §13 BauGB ist sie freiwillig möglich. Wir
beantragen diese Möglichkeit soweit wie möglich zu nutzen auch bei
flächenwirksamen Planungsverfahren außerhalb des BauGB. In dieser frühzeitigen
Öffentlichkeitsbeteiligung sollen insbesondere betroffene Anwohner*innen aber
auch andere Interessensgruppen über das geplante Vorhaben informiert werden und
frühzeitig die Möglichkeit bestehen, die Vorstellungen aber auch die Bedenken
von Betroffenen zu kennen und nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Dazu gibt es vielfältige Möglichkeiten, wie
das geschehen kann (vgl. Anlage 1). In
welcher Form die Öffentlichkeitsbeteiligung im jeweiligen Verfahren
durchgeführt wird, sollte im Einzelfall jeweils vorab entschieden werden.
3)
Mehr Wettbewerb und Vielfalt bei
der Vergabe an Planungsbüros
Seit dem 01.01.2021 ist eine neue Fassung der HOAI in
Kraft getreten, die mehr Wettbewerb vorsieht, weil man an die Honorarsätze
nicht mehr fest gebunden ist.
Wir bitten die Verwaltung um Darlegung der Kriterien zur
Vergabe von Planungsaufträgen und wie bisherige Erfahrungen darin einfließen.
Weiterhin bitten wir um Darlegung welche Überlegungen zur Realisierung eines
größeren Wettbewerbs angestellt werden.
Uns ist es wichtig, dass nicht nur der Preis das einzig ausschlaggebende Kriterium ist.
Vielmehr ist Fachkompetenz in den Vordergrund zu stellen. Weitere Kriterien wie
„fachliche Exzellenz“, „gute Referenzen“, „Innovationsfreudigkeit“ und
„wirtschaftliche Arbeitsweise“ sollten hinzugezogen werden. Dazu kann es
notwendig sein, den geographischen Radius bei der Suche nach geeigneten
Planungsbüros zu vergrößern und Synergien mit anderen Kommunen herzustellen.
4)
Frühzeitige Einbeziehung der
zuständigen Ortsbeiräte
Die Ortsbeiräte spielen bei allen Planungsprozessen im
Baubereich eine wichtige Rolle. Sie verfügen über detailreiche Ortskenntnis und
haben ein Ohr an den Bedürfnissen der Bevölkerung. Sie sind immer vor
wesentlichen Weichenstellungen anzuhören auch bei flächenwirksamen Planungen
außerhalb des BauBG.
5) Zusätzliche Absicherung von
komplexen Ausschreibungen durch externen juristischen Sachverstand.
Bei komplexeren Ausschreibungen sollte in Ausnahmefällen
die Möglichkeit bestehen juristischen Sachverstand zur Vorbereitung zusätzlich
zum technischen Sachverstand hinzuziehen, um auch zukünftig Formfehler zu vermeiden.
Dis wäre eine zusätzliche Absicherung, um in immer komplexeren
ausschreibungsverfahren Formfehler zu vermeiden. Infrage kommen dafür entweder
ein Fachanwaltsbüro oder auf Ausschreibungen spezialisierte Fachbüros. Die
Vorauswahl solcher Fälle kann z.b. in der Beratung zur Maßnahmenliste zu Jahresbeginn im
Ausschuss getroffen werden oder jederzeit im Verfahren der Vorbereitung.
Entsprechende Haushaltsmittel sollten eingeplant werden.
Stellungnahme der Verwaltung zum gemeinsamen Antrag von Bündnis 90/Die
Grünen und FBL „Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung in Verfahren
flächenwirksamen Planungen in Remagen“
1.
Hintergrund
Die Bauverwaltung hat sowohl das Hochwasservorsorgekonzept
(HVK) als auch die Renaturierungsmaßnahme am Unkelbach entsprechend den
Regelungen der geltenden Hauptsatzung und den gesetzlichen Vorgaben
durchgeführt.
Beim HVK wurden entsprechend den Förderrichtlinien zunächst
eine Auftaktveranstaltung im DGH Oedingen durchgeführt. Im Anschluss hatten die
Bürger bei mehreren Ortsterminen in Oedingen und Unkelbach die Möglichkeit mit
dem Planer die einzelnen Probleme zu besprechen. Das Konzept mit einer
Maßnahmenliste wurde danach den Gremien vorgestellt und vom Stadtrat im
November 2018 beschlossen. Die vom Bürgermeister vorgeschlagene Diskussion der
einzelnen Maßnahmen in den Ortsbeiräten wurde vom Stadtrat abgelehnt.
Das Büro für die Planung und Umsetzung der Maßnahmen aus
dem HVK wurde Anfang 2019 im Fachausschuss beschlossen. Eine Vorstellung der
Planung der Renaturierungsmaßnahme am Unkelbach durch das beauftragte Büro
Becker erfolgte am 19.11.2019 im Ortsbeirat in öffentlicher Sitzung. Da die
Anlieger des Unkelbaches im Ausbaubereich weder durch eine
Flächeninanspruchnahme noch durch eine finanzielle Beteiligung betroffen waren,
ist eine direkte Anliegerversammlung nicht durchgeführt worden. Diese
Vorgehensweise erfolgte bereits bei der Renaturierungmaßnahme am Bandorfer Bach
sowie den wasserwirtschaftlichen Maßnahmen am Sportplatz Unkelbach sowie
oberhalb der Ortslage Richtung Oedingen. Der Stadtrat hat die notwendigen
Mittel in den jeweiligen Haushaltsplänen zur Verfügung gestellt.
Die Feststellung im
Absatz 5, dass ganze Verfahrensschritte ohne Bürger- oder Ratsbeteiligung
stattgefunden haben, entspricht nicht den Tatsachen.
2.
Antrag
Zu 1. Überblick über geplante Maßnahmen im BVUA vor
Ausschreibung
Es wird seit Jahren eine Maßnahmenliste aus dem
beschlossenen Haushaltsplan erstellt und eine grobe Zeitschiene mit
Bürgermeister, Büroleiter und Bauverwaltung besprochen. In regelmäßigen
Abständen werden die groben Zeitziele überprüft und neu bewertet. Größere
Projekte mit technischen Innovationspotenzialen (Heizungserneuerung
Wässerscheid 37-41 und FWGH Remagen) werden im Fachausschuss in öffentlicher
Sitzung beraten und beschlossen. Selbstverständlich können auch
Hochbaumaßnahmen (Neubau Kindergärten, Umbau Rathaus) und größere
Unterhaltungsmaßnahmen wieder im Bauausschuss beraten werden. Dies kann bei der
Vorstellung der Planungsübersicht für das jeweilige Haushaltsjahr individuell
festgelegt werden.
Zu 2.
Öffentlichkeitsbeteiligungen nach § 3, 4 BauGB
Im Regelverfahren erfolgt eine frühzeitige Bürger- und
Trägerbeteiligung sowie die Offenlage. Also eine zweimalige Beteiligung der
Bürger. Da wir im Vorfeld eines Aufstellungs- oder Änderungsverfahrens jeweils
im Ortsbeirat und Fachausschuss über die Inhalte ausführlich in öffentlicher
Sitzung beraten, haben die Bürger sogar dreimal die Möglichkeit sich über die
Inhalte zu informieren. In den beiden Verfahrensschritten können sie sich dann
schriftlich oder zur Niederschrift äußern.
In den Fällen des § 13 oder 13 a/b BauGB ist die
frühzeitige Beteiligung zur Beschleunigung der Planverfahren nicht
vorgeschrieben. Bei diesen Verfahren kann der Bürger dann zweimal seine
Vorstellungen mitteilen.
Der Stadtrat kann bei den jeweiligen Beschlüssen eine
weitergehende Beteiligungsform selbstverständlich individuell beschließen.
Zu 3. Mehr Wettbewerb
und Vielfalt bei der Vergabe an Planungsbüros
Es ist richtig, dass ab 01.01.2021 die HOAI kein bindendes
Preisrecht mehr darstellt und die Auftraggeber über individuelle Angebote von
Architekten die Planungskosten reduzieren können. Allerdings werden dadurch
auch gewisse Grundleistungen in den einzelnen Planungsphasen nicht mehr
komplett erbracht, was bei der späteren Umsetzung des Projektes zu Problemen
führen kann. Insoweit muss die HOAI mit den Beschreibungen der einzelnen
Grundleistung und besonderen Leistungen immer Grundlage eines Planungsauftrages
sein.
In der Vergangenheit (z.B. KiGa Oberwinter 1998) haben wir
wegen der Hochwasserproblematik und der Erschließung des Grundstücks der kath.
Kirche verschiedene Architekten gebeten, ihre Entwürfe im Fachausschuss
vorzustellen. Der Architekt mit dem besten Entwurf wurde dann beauftragt.
Aber auch in jüngerer Vergangenheit wurden bei
Tiefbaumaßnahmen dem Fachausschuss regelmäßig im Rahmen einer Vorlage mehrere
Angebote von fachlich qualifizierten Büros vorgestellt, wonach dann ein Büro
ausgesucht wurde.
Bei dem Verkehrskonzept B 9 sowie dem Radwegekonzept haben
wir jeweils drei Büros zu einer Bauausschusssitzung eingeladen. Der
Fachausschuss hat nach kurzer Beratung die beiden Büros bestimmt, die den
Auftrag erhalten sollten.
Insoweit wird dieser Punkt seit Jahren praktiziert.
Lediglich bei technischen Planungen für Sanitär- und Heizungsanlagen oder
Elektroanlagen suchen wir seit Jahren nach einem zuverlässigen und
qualifizierten Büro. Diese glauben wir mit dem Remagener Büro Lüdemann und dem
Büro Blechschmidt aus Bad Neuenahr gefunden zu haben. Gerne können wir
zukünftig drei oder mehr Fachbüros zur Abgabe eines Angebotes auffordern und
diese im Fachausschuss zur Abstimmung geben. Bei unbekannten Büros können über
Referenzen und Auskünfte anderer Auftraggeber weitere Entscheidungsgrundlagen
vorbereitet werden.
Zu 4. Frühzeitige Einbeziehung
der Ortsbeiräte
Die Ortsbeiräte werden im Rahmen der Hauptsatzung an den Planungsprozessen
beteiligt.
Zu 5. Zusätzliche Absicherung
von komplexen Ausschreibungen durch externen juristischen Sachverstand
Mit der Vergabestelle ist in der Bauverwaltung eine Person beschäftigt,
die vertiefend im Vergaberecht geschult ist und ständig Fortbildungsveranstaltungen
besucht. Bei größeren komplexen Verfahren werden selbstverständlich die
Oberbehörden und im Zweifel auch Juristen hinzugezogen, damit keine
Verfahrensfehler zur Aufhebung einer Ausschreibung führen.