Betreff
Beratung über einen möglichen Systemwechsel der Ausbaubeitragserhebung
Vorlage
0078/2019
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Sachverhalt:

Der Systemwechsel von Einmaligen auf wiederkehrende Beiträge ist mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Wie bereits im Vortrag von Dr. Thielmann ausgeführt sind folgende Vorarbeiten erforderlich:

1.    Bildung von rechtssicheren Abrechnungsgebieten,

2.    Ermittlung der Straßen, die von der Verschonungsregelung betroffen sind,

3.    Ermittlung der beitragspflichtigen Fläche jedes Grundstückes in einem Abrechnungsgebiet,

4.    Festlegung des städtischen Anteils in den Abrechnungsgebieten,

5.    Bewertung der Straßen innerhalb der Abrechnungsgebiete und Festlegung einer Ausbaureihenfolge,

6.    Erlass einer neuen Satzung für den Wiederkehrenden Beitrag und Anpassung der bestehenden Ausbaubeitragssatzung an den Vollgeschossmaßstab.

Zu 1.) Eine enorme Herausforderung ist die rechtssichere Bestimmung der Abrechnungsgebiete. An der Rheinschiene hat die B 9 und die Bahnlinie eine trennende Wirkung. Die Kreisstraßen in Unkelbach und Oedingen haben dagegen keine trennende Wirkung. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat für ein Abrechnungsgebiet eine nicht genau festgelegte Einwohnerzahl von „über 3000“ festgelegt. Insoweit besteht zumindest für den Bereich der Kernstadt mit über 6000 Einwohnern eine Rechtsunsicherheit. Bei Aufteilung in zwei Abrechnungsgebiete muss eine rechtliche nachvollziehbare Begründung gefunden werden. In der Sitzung werden mögliche Abrechnungsgebiete erläutert.

 

Zu 2.) Das OVG hat für bereits ausgebaute Straßen Verschonungszeiträume von 5 bis 20 Jahre als zulässig erachtet. Die in den vergangenen 20 Jahren ausgebauten Straßen müssen hinsichtlich der Ausbauart und der Fertigstellung (Abnahme) überprüft, die Restverschonungszeit ermittelt und festgehalten werden. Ein straßenbezogener Ablauf der Verschonungszeit ist transparent und sinnvoll.

 

Zu 3.) Ein zeitlich enormer Aufwand ist die Ermittlung der beitragspflichtigen Fläche innerhalb eines Abrechnungsgebietes. Hierfür muss für jedes Grundstück eine fiktive Fläche anhand des Vollgeschossmaßstabes berechnet werden. Wesentliche Kriterien sind die bauliche Nutzung, Zuschläge für gewerbliche Nutzung, eventuelle Tiefenabzüge und die Ermittlung der zulässigen Vollgeschosse anhand von bestehenden rechtskräftigen Bebauungsplänen sowie in Gebieten, die nach § 34 BauGB beurteilt werden, nach der vorhandenen Bebauung. Die sich hieraus ergebende Fläche abzüglich der Verschonungsflächen (diese sind jährlich neu zu ermitteln) ist der Divisor für die beitragsfähigen Investitionskosten.  Schließlich erhält jeder Grundstückseigentümer einen mit Rechtsbehelf versehenen Bescheid. In großen Abrechnungsgebieten werden mehrere Tausend Bescheide zugestellt - mit dem Risiko des Widerspruchs/Klage.

 

Zu 4.) Gemäß § 10 a KAG ist für die Abrechnungsgebiete jeweils ein Gemeindeanteil festzulegen, der dem Verkehrsaufkommen (Durchgangsverkehr) entspricht, der nicht dem Beitragsschuldner zuzurechnen ist. Der Mindestanteil der Stadt beträgt 20 % der beitragsfähigen Kosten. Je nach Höhe des Durchgangsverkehrs kann der Gemeindeanteil bis zu 40 % betragen (OVG-Urteil 2010). Bei dem Abrechnungsgebiet Kernstadt Remagen stellt sich die Frage: Haben wir überhaupt Durchgangsverkehr? Alle Fahrzeuge und Besucher die in der Innenstadt parken und Geschäfte, Ärzte, Apotheken, Bahnhof oder die Verwaltung aufsuchen, sind dem Anliegerverkehr zuzuordnen. Durchgangsverkehr wäre jemand, der z.B. aus Kripp die Innenstadt durchfährt um auf die B 9 zu kommen. Mithin kann der Beitragssatz für die Kernstadt nur 20 % betragen, sodass die Stadt beim Ausbau der Alten Straße (als Hauptverkehrsstraße) wesentlich mehr Einnahmen erhält als bei der bisherigen Regelung. Beim Ausbau der Bahnhofstraße hat die Stadt 75 % der Kosten übernommen. So ist für jedes Abrechnungsgebiet der Gemeindeanteil neu zu ermitteln.

 

Zu 5.) Bisher wurde im Investitionsprogramm die zum Ausbau bestimmten Straßen aufgenommen und mehr aus fiskalischer Sicht den jeweiligen Jahren zugeordnet. Sämtliche Straßen sind älter als 20 Jahre und können daher aus rechtlicher Sicht umgebaut werden.  Der äußere Zustand und die Art der Straße (reine Anliegerstraße, innerörtliche Sammelstraße, Hauptverkehrsstraße) waren nicht immer die entscheidenden Gründe. In einem neuen Abrechnungssystem sollten alle Kriterien berücksichtigt werden, sodass hierfür eine komplette Neubewertung aller städtischen Straßen erfolgen muss.

 

Zu 6.) Letztlich muss nach Durchführung der vorgenannten Arbeiten eine oder mehrere Satzungen beraten und beschlossen werden. Für die Teilbereiche, für die kein wiederkehrender Beitrag erhoben werden soll, muss die bestehende Beitragssatzung auf den Vollgeschossmaßstab angepasst werden. Bezüglich der rückwirkenden Anwendung der Wiederkehrenden Beiträge hat das OVG entschieden, dass auch begonnene Baumaßnahmen nach neuem Recht abgerechnet werden können, sofern die sachliche Beitragspflicht vor Inkrafttreten der Satzung noch nicht entstanden ist.